Die Bergrettung von 1931 bis 1940

1931
Offizielle Gründung der losen Vereinigung der Sanitätskolonne Oberstdorf. Dem Hilfsdienst obliegt auch die Berg- und Wasserrettung.
12 Bergführer treten bei.

Die erste Satzung für das alpine Rettungswesen des DuÖAV trat in Kraft.
Da mit dieser Satzung erstmals die genauen Zuständigkeiten der Landesstellen fixiert wurden, gab es Neuerungen, welche die bisher völlig unabhängigen Rettungsstellen ungern sahen, z.B.:
„Sie unterstehen den Landesstellen und sind gehalten, deren Anweisungen durchzuführen.“

Die 12 Punkte umfassende Satzung hat folgende Inhalte:
Errichtung und die Aufsicht von Rettungsstellen, Aufklärung über das alpine Rettungswesen, Rundschreiben der Landesstellen halten die Sektionen auf dem Laufenden, Arbeitsbezirke der einzelnen Rettungsstellen sind einvernehmlich mit den Sektionen abzugrenzen, Rettungsgeräte sind anzuschaffen, Festlegung der Richtlinien für die Höhe der Vergütungen für jede Art von Rettungsunternehmungen, Regelung von Kosten vorschussweise und uneinbringlich, Spenden für den alpinen Rettungsdienst des DuÖAV zu einem Fonds zu sammeln, Beratung von Rettungs- und Meldestellen, Wünsche und Beschwerden der Sektionen, Rettungs- und Meldestellen entgegennehmen, prüfen und nach Möglichkeit zu berücksichtigen.
(„Die Bergrettung in Bayern“, Band I, S.41ff)

1932
Die Sonderorganisation Gebirgsunfalldienst (GUD) von 1922 wurde aufgehoben
„Der Gebirgsunfalldienst als Sonderorganisation des Bay. Landesvereins vom Roten Kreuz wird aufgehoben. Damit entfallen für die Kolonnen die Bindungen aus den Abmachungen mit dem DuÖAV und der Deutschen Bergwacht. „Da eine Einigung über Änderung der bisher den Gebirgskolonnen zugewiesenen Gebiete mit der Bergwacht nicht zu erzielen war, wurde die bisherige Sonderregelung des GUD aufgehoben.

1933
Hilfeleistungen des Bergführers Ignaz Vogler, *03.07.1907, +06.12.1995
Eine sichtlich dankbare Dame schrieb am 08.07.1933 in „Näzls“ Führerbuch: „Herr Ignaz Vogler hat mir mit eigener Lebensgefahr in den steilen Wänden des Fürschiessers in der Nacht vom 7. – 8. Juli in höchster Bergnot beigestanden. Er hat mich mit 2 anderen jungen Menschen in völlig erschöpftem Zustande in völliger Dunkelheit mit größter Vorsicht und herzlicher Rücksicht zu Tal gebracht. Ich werde seinen Takt sowie seine Leistung als Führer nie vergessen,
Marta Vidar aus Breslau.“
(VSV, Heft 43 / Dezember 2003, S.1531+1532, Eugen Thomma)

Die Vergütung der Rettungsmannschaften des alpinen Rettungsdienstes
In den verschiedenen Sektionen gab es erhebliche Unzufriedenheiten mit den Vergütungen, die im Wesentlichen an die Führertarife angeglichen waren, bis auf Oberstdorf:
Rees, Oberstdorf:  Unsere Bergführer sind mit den Sätzen zufrieden.
(„Die Bergrettung in Bayern“, Band I, S.45)

Schwierige Sanitätsausbildung
„Die Ausbildung der Rettungsleute in der ersten Hilfeleistung ist in dem in der Satzung entsprechenden Umfange nicht möglich, da kein Arzt zur Verfügung steht. Die Herren wollen sich dadurch helfen, dass sie sich an Hand eines Unterrichtsbüchleins selbst die nötigsten Kenntnisse beibringen.“

„Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Mannschaft einer Rettungsstelle des DuÖAV nicht nur im Bergsteigen und Skilaufen bewandert sein muss, sondern auch in der ersten Hilfeleistung bei Unfällen diejenigen Kenntnisse besitzen muss, die sie befähigen, einen Verletzten oder Kranken sachgemäß zu versorgen.“
(„Die Bergrettung in Bayern“, Band I, S.49)

Dienstabzeichen für die Bergrettungsmänner des DuÖAV
„Gegen Schluss des Jahres kam das von fast allen Rettungsstellen gewünschte Rettungs-Dienstabzeichen für Rettungsmänner des DuÖAV zur Einführung, das um die innere Verbundenheit zwischen Rettungsdienst des DuÖAV und der Deutschen Bergwacht auch nach außen hin sichtbar zu machen, dem bei dieser Organisation eingeführten Dienstabzeichen möglichst angeglichen ist und nur an solche Rettungsmänner hinaus gegeben wird, die durch eine ärztliche Prüfung den Befähigungsnachweis über ihre Kenntnisse in der ersten Hilfeleistung bei alpinen Unfällen erbracht haben.

Leichenbergungen
Hierzu wird auf Seite 28 vom Zentralausschuss festgestellt:
„In der Praxis gesellte sich eine weitere Aufgabe dazu, nämlich das Auffinden und Bergen von Leichen; und manche Stelle wurde gerade hierfür hauptsächlich in Anspruch genommen. Der Zentralausschuss erachtete es daher für nötig, ausdrücklich festzustellen, dass das Bergen von Leichen nicht Pflichtaufgabe der Rettungsstellen sei, sondern nur eine freiwillige Dienstleistung, die unter Umständen auch abgelehnt werden könne. Verpflichtet seien die Rettungsstellen nur zur Hilfeleistung.“
(Nafe, Ein Halbjahrhundert Alpenverein, Zeitschrift des DuÖAV, 1919)

1933 gibt es von einem Herrn Merk, Mittenwald, eine Anfrage nach geeignetem „Schutz für die Hände“ und erkundigt sich nach gemachten Erfahrungen.
Rees, Oberstdorf:
Wir übergießen die Leiche mit Lysol und packen sie in Rupfen ein.

1934
Lawinenunglück am Großen Daumen
Bei einer Tour zum Großen Daumen werden zwei Skiläufergruppen von einer Lawine verschüttet. Für einen Soldaten der „Konstanzer Jäger“ und den Bergführer Adolf Besler, Vater von 10 Kindern, kommt jede Hilfe zu spät.

Schwierige Bergung an der Höfats, siehe auch untenstehenden Pressebericht
Die Bergung der beiden an der Höfats tödlich abgestürzten Kemtener Bergsteiger, Baurat Bauer und Professor Wallner, gestaltet sich zur umfangreichsten Aktion dieser Art.
(VSV, Heft 7 / Juni 1985, von Eugen Thoma)

Deutsche Bergwacht steht voll und ganz hinter der neuen Regierung Deutschlands
Hierzu schreibt die Abteilung Allgäu, JB 1933/34:
„Infolge der Gleichschaltung wurden die politisch unzuverlässigen Leute ausgeschlossen, wie überhaupt in diesem Geschäftsjahre auf die Säuberung der Ortsgruppen größter Wert gelegt wurde. 2 Ortsgruppen sind wegen Inaktivität aufgelöst worden.
(„Die Bergrettung in Bayern“ Band I, S. 212)

1935
Lawinenunglück im Sperrbach
Beim Heuzug im Sperrbachtobel verunglücken Liese Brutscher und Fridolin Ammann durch eine Lawine tödlich. Daran erinnert auch ein „Marterl“ in der Querung nach dem „Knie“.

Touristen in den Seewänden
Zwei Touristen werden nachts von den Bergführern Kaspar Schwarz und Wendelin Weitenauer aus den Seewänden geborgen, worin jene sich verstiegen hatten.
(VSV, Heft 9 / Juni 1986 von Eugen Thomma)

Erster der „ständigen Posten“ zum Edelweiß-Schutz auf der Höfats
„Als sich herausstellte, dass der Überwachungsdienst der Bergwacht an Sonn- und Feiertagen nicht mehr ausreichte, um einen der letzte Standorte des Edelweiß in den Bayerischen Bergen zu erhalten, zog Toni Hiller an einem Augustmorgen des Jahres 1935 mit seinem dreieckigen Bergwachtzelt hinauf zur Höfats. Etwa zwei Stunden von der letzten Alm entfernt schlug er es auf, richtete sich, so gut es ging, häuslich ein und blieb fünf Wochen lang mutterseelenallein in dem Lebensgebiet des Edelweiß; ein einziger Idealist, der aus Liebe zu seiner Bergheimat ohne Bedenken den Aberhunderten der Egoisten entgegentrat, denen die Berge nur Mittel zum Verdienen, zum Genuss sind. Toni Hiller blieb nicht allein. Sein Beispiel, sein Idealismus fanden Nachahmer. Seit dem ersten „ständigen Posten“ auf der Höfats ist kein Sommer mehr vergangen, ohne dass auf dem schmalen Grat das Zelt der Edelweißwächter im August aufgerichtet wurde.“
(Lense, BERG-ECHO 8/1955 und „Die Bergrettung in Bayern“ Band I, S. 243)

Schwierige Bergung an der Höfats, 1934

Dr. Alfons Vogler, ein Pionier der Oberstdorfer Bergwacht

Der Höfatsposten

Im Dritten Reich
23.02.1935 – Der Fall Fritz Berger – Der Gründer der Bergwacht „trat zurück“
„Kameraden! In dem vergangenen Jahr hat die Deutsche Bergwacht manches Unerfreuliche erlebt. Wir waren gezwungen, nicht zuletzt im Hinblick auf die Olympischen Spiele, im eigenen Haus Ordnung zu schaffen. Wir haben es getan, ohne von dem üblen Gestank allzu viel nach außen dringen zu lassen. Vielleicht war das nicht mal das richtige. Aber lassen wir das ruhen. Schauen wir nach vorwärts.“

„Wohl konnten die Machthaber Fritz Berger, der 1923 bereits Hitler die Eingliederung der Bergwacht in die SA abgeschlagen hatte, im Jahre 1935 als größter Widersacher ihrer Pläne seines Amtes als Leiter der Bergwacht entheben…“
(30 Jahre BW, Unsere Hilfe 1950 Heft 6, „Die Bergrettung in Bayern“ Band I, S. 234)

In einer Sondersitzung Mitte Dezember 1949 wurde Fritz Berger vom BW-Landesausschuss rehabilitiert. Anlässlich eines Festabends in München, am 10.06.1950, (30 Jahrfeier) wurde dem Gründer der Bergwacht, Herrn Fritz Berger, eine Ehrenplakette in Silber überreicht.

1937
Hilfeleistungen des Bergführers Kaspar Schwarz, *30.10.1909, +15.08.1991
Am 27. August 1937 schreibt ein Gast, den Kaspar auf die Trettach führte: „Ich möchte noch bemerken, dass, als wir auf der Trettachspitze waren, ein heraufkommender Tourist berichtet, dass ein anderer Tourist, den er selbst nicht retten konnte, sich verstiegen habe und sich in einer gefährlichen Stelle der Westwand befinde. Herr Schwarz stieg sofort in selbstloser Weise zu ihm ab und brachte ihn, der infolge schwindender Kräfte dem Absturz nahe war, nach oben ….“
(VSV, Heft 43 / Dezember 2003, S.1528, Eugen Thomma)

Wieder Edelweißposten an der Höfats
An der Höfats ist wieder der „Edelweißposten“ der Bergwacht aufgezogen. Ein Pflanzenräuber, der beim Ausgraben von Bergblumen erwischt wurde, hat eine „empfindliche Strafe zu gegenwärtigen“, ist in der Tageszeitung zu lesen.

Neuschneelawine am Einödberg
Mathias Zwick aus Birgsau, Schäfer auf der Einödbergalpe, wird auf der Suche nach verirrten Schafen von einer Neuschneelawine verschüttet und erst nach Tagen tot aufgefunden.
(VSV, Heft 13 / Juni 1988 von Eugen Thoma)

Bergführer Kaspar Schwarz

1939
11 Bergtote in nur zwei Monaten zu beklagen
Innerhalb von nur zwei Monaten hat Oberstdorf 11 Bergtote zu beklagen. Darunter ist der Oberstdorfer Georg Huber (Kadeasles Schorsch), der als Heeresbergführer bei der Gebirgstruppe war. Er stürzte an der Schneck-Ostwand ab.
(VSV, Heft 16 / Juni 1990 von Eugen Thomma)

11.06.1939 – Eine Hütte wandert auf den Berg
Unter diesem Titel berichtet ein Zeitungsartikel am 15.06.1939 vom Bau der BW-Hütte am Grünten. Rund 110 BW-Männer hatten an diesem Tag einen Großeinsatz. Auch eine Mannsacht aus Oberstdorf war dabei.
(„Die Bergrettung in Bayern“ Band I, S.296)

Der Gramminger Trag- und Abseilsitz wurde entwickelt
„Aufgrund seiner vieljährigen Erfahrung im Hochgebirgsrettungsdienst der Bergwacht des DAV, Landesführung Bayern e.V., hat Ludwig Gramminger ein Gerät erbaut und gebrauchsfertig ausgearbeitet, das die zu stellenden Anforderungen voll und ganz erfüllt. Es ist heute möglich mit dem Gramminger Trag- und Abseilsitz einen Verletzten aus beliebig hohen Felswänden in schonendster Weise am Rücken eines jeden guten Felsgehers ohne jede besondere Kraftanstrengung, zu bergen. Der Verunglückte ist auf bequeme Art und Weise sitzend untergebracht, kommt mit dem Fels überhaupt nicht in Berührung und sein Gewicht braucht vom Rettungsmann nicht mehr getragen zu werden. Mit Schreiben vom 22.05.1941 der DAV Vereinsführung – Landesführung Bayern wurden 400 Gramminger Abseilsitze angeschafft.

Ludwig Gramminger, genannt "Wiggerl", der ewig Tüftler

Die Geländewagen
Die von Hitler „gespendeten Geländewagen“ wurden auf Stützpunkte verteilt in Kempten für: Nesselwang, Füssen, Reutte, Berwang, Nesselwängle, Namlos, Thannheim, Stanzach, Hinterstein, Elbigenalp, Hindelang, Holzgau, Immenstadt, Oberstdorf.
Riezlern, Hirschegg, Mittelberg und Baad.
(„Die Bergrettung in Bayern“ Band I, S.271ff)

1940
Große Rettungsaktion am Starzeljoch
In einer riesigen Rettungsaktion können neun Personen einer fünfzehnköpfigen Gruppe, die bei Aufstieg zum Starzeljoch von einer Lawine  erfasst worden war, lebend gerettet werden.
Für sechs Skifahrer kommt die Hilfe zu spät.
(VSV, Heft 17 / Dezember 1990 von Eugen Thomma)

Alpenvereinsvorstand der Sektion Oberstdorf tot aufgefunden
Der seit April vermisste Vorstand des Oberstdorfer Alpenvereins, Franz Ammann, wird im August am Aufstieg zur Liebenerspitze im Ötztal tot aufgefunden. Eine Suchmannschaft aus Oberstdorf und Kempten hatte sich schon im April vergeblich um den Vermissten bemüht.
(VSV, Heft 17 / Dezember 1990 von Eugen Thomma)

Tourist wird von Schneebrett am Laufbachereck mitgerissen
Auf dem Weg vom Nebelhorn zum Laufbachereck wird am 20. September ein Tourist von einem zwei Meter breiten Schneebrett in die Tiefe gerissen und dabei tödlich verletzt.
(VSV, Heft 17 / Dezember 1990 von Eugen Thomma)

Oberstdorfer Bergwachtmännern gelingt winterliche Erstbesteigung
Winterliche Erstbesteigung der Mittelgipfel-Westwand des Großen Wilden am 24. November 1940 durch die Oberstdorfer Bergwachtmänner Karl Rekla und Kurt Vetten.
(VSV, Heft 20 / August 1992 von Otmar Schuster)

Der letzte Mann! – Die alpinen Rettungsstellen wurden BW Ortsstellen
Die bei der HV der DBW am 20.08.1939 angekündigte Zusammenlegung der Rettungsstellen mit der DBW zur DAV-Bergwacht war im Frühjahr 1940 bei der Verwirklichung:
„Die Bergwachtabteilung Allgäu umfasste 11 Ortsgruppen (Immenstadt, Kempten, Oberstaufen, Oberstdorf, Pfronten, Sonthofen, Augsburg, Landesberg, Memmingen, Neu-Ulm und Ulm). Nach der vor einigen Wochen angeordneten Umwandlung der alpinen Rettungsstellen in Bergwacht-Ortsstellen (also mit Hirschegg-Riezler-Mittelberg, Hindelang, Hinterstein und Nesselwang) sind es derer 17.“
(„Die Bergrettung in Bayern“ Band I, S. 313)

Zurück