Die Bergrettung von 1991 bis 2000

1991

Hubschrauberunglück bei Holzarbeiten im Lochbachtal
Ein Hubschrauberunglück bei Holzarbeiten im Lochbachtal fordert das Leben der beiden Piloten sowie einen schwer verletzten Holzarbeiter.

Eine ungemütliche Nacht
Weil ein Bergwanderer die Warntafeln am Seealpsee ignoriert und versucht hatte, direkt ins Oytal abzusteigen, musste ein Bergwachtmann eine unbequeme Nacht in dem Steilgelände der Seewände verbringen. Gegen 20.30 Uhr stellte der Verstiegene die Aussichtslosigkeit seiner Lage fest und begann um Hilfe zu rufen. Um 20.45 Uhr wurde die Bergwacht alarmiert und sofort ein SAR-Hubschrauber zur Bergung des Bergsteigers angefordert. Leider musste eine Stunde Anflugzeit in Kauf genommen werden, sodass vorsorglich eine Mannschaft zu Fuß auf den Weg geschickt wurde. Nachdem der Verstiegene um 22.30 Uhr in einem riskanten Manöver an Bord des Helikopters geholt werden konnte, war die Fußmannschaft schon so hoch in dem steilen Grasgelände, dass für einen Bergwachtmann der Rückzug nicht mehr möglich war. Er musste deshalb bis zur Dämmerung des nächsten Tages warten und konnte dann ins Tals absteigen, wo er bereits mit Kaffee und Semmeln empfangen wurde.

Schwarz Kaspar, *30.10.1909   +15. August 1991
Bergführer und Hüttenwirt des Waltenberger Hauses von 1954–1971 und der Fiderepasshütte von 1972 bis 1975.
Anekdoten:
Der Bergführer Kaspar Schwarz wird zur Gebirgstruppe eingezogen. Im zweiten Jahr des Rußlandfeldzuges soll nach dem Willen der deutschen Heeresleitung auf dem höchsten Gipfel des Kaukasus, dem 5.633 m hohen Elbrus, die deutsche Reichskriegsflagge gehißt werden. Neben anderen waren unter den „Auserwählten“ die Oberstdorfer Otto Niederacher, Kaspar Schwarz und dessen Neffe Hans Schwarz.
Unter unvorstellbaren Strapazen hat die Einheit am 21. August 1942 den Auftrag ausgeführt und am Elbrusgipfel die Flagge aufgesetzt. Bergführer Kaspar Schwarz wird in dem Bericht des Hauptmannes besonders erwähnt.

Am 17. Juli 1946 steht der „zivile“ Bergführer Kaspar Schwarz mit einem Touristen wieder auf dem Gipfel der Trettach. Am 21. September 1947 danken seine Oberstdorfer Skifreunde Josef Schraudolph, Gustl Seeweg und Alois Wechs dem Kaspar dafür, dass er sie sicher durch die berühmte Watzmann-Ostwand (Salzburger Weg) geführt hat.

Eugen Thomma, Mitglied der Bergwacht Oberstdorf berichtet:
Ich habe selbst erlebt, wie Kaspar 1957 einen verunglückten, schwerverletzten Bergsteiger an der Trettach-Westwand aus dem „Schwarzen Riss“ geborgen hat. Seine Gewandtheit, seine ruhige und sichere Seilarbeit – das war eine Meisterleistung. Ohne Aufhebens über eine solche Rettungstat zu machen, ging er seinem Beruf nach; zu helfen war ihm eine Ehrenpflicht.

Eine Arbeitsgruppe befasst sich mit Hubschraubereinsätzen
1992

Flugzeugabsturz an der Kemptner Hütte
Bei einem Flugzeugabsturz an der Kemptner Hütte kommen die vier Insassen ums Leben. Wegen schlechter Witterung können die Toten erst am nächsten Tag von Bergwacht und Feuerwehr geborgen werden.

Günther Math stirbt 68jährig
Im Alter von 68 Jahren stirbt der langjährige alpine Berater der Kurverwaltung, Günther Math, der durch seine Art der Betreuung vieler Journalistenteams großen Anteil an der positiven Berichterstattung über Oberstdorf in den Medien hatte.
Günther Math war viele Jahre Bereitschaftsleiter der Bergwacht Oberstdorf, Abschnittsleiter des Bergwachtabschnitts Allgäu, Mitglied des Landesausschusses der Bergwacht Bayern, Pionier in der Funknetzerstellung des Allgäus und mit vielen Ehrungen ausgezeichnet.

Tragischer Unfall des 19jährigen Tobias Wagner, Kemptner Hütte
Einem tragischen Unfall fällt der 19jährige Tobias Wagner, Sohn des Hüttenwirtes der Kemptner Hütte, zum Opfer. Auf der Fahrt zur Feier des 20jährigen Hüttenjubiläums seiner Eltern wird er durch einen technischen Defekt aus der Materialseilbahn geschleudert. Die mitfahrende Schwester kann erst nach Stunden in einer dramatischen Rettungsaktion von der Bergwacht gerettet werden.

Trauriger Rekord
Einen traurigen Rekord hat die Oberstdorfer Bergwacht:
15 Tote mussten in diesem Sommer aus den Oberstdorfer Bergen geborgen werden.

Statikseil, eine echte Alternative zum Stahlseil
Das Handy-Zeitalter beginnt
1993

Alpinnotruf lahmgelegt
Nachdem der Alpinnotruf der Allgäuer Berghütten durch den Betriebsfunk des neuen Münchener Flughafens lahmgelegt war, erhält diese wichtige Alarmierungsmöglichkeit eine neue, sichere Frequenz.

Fünfjähriger Bub stürzt in Breitachklamm
Ein fünfjähriger Bub, der in der Breitachklamm 15 Meter tief in die Breitach gestürzt ist, kann durch den sofortigen Einsatz der Bergwacht und eines finnischen Arztes, der zufällig an der Unfallstelle war, gerettet werden.

Einsatzort Laufbacher Eck
Mit Verletzungen kommen zwei Wanderer davon, die am Laufbacher Eck von einer Sommerlawine verschüttet wurden.

Erneut Hubschrauberabsturz bei Holzarbeiten
Erneut stürzt ein Hubschrauber bei Holzarbeiten ab. Nur noch tot kann der Pilot an der Unfallstelle im Stillachtal geborgen werden.

1993 ohne tödlichen Absturz
Kein tödlicher Absturz ereignete sich in diesem Sommer in den Oberstdorfer Bergen.

Wintersaison beginnt mit Schwerverletztem
Einen Schwerverletzten fordert, gleich zu Beginn der Wintersaison, ein Lawinenabgang am Fellhorn. Am Bierenwanglift werden zwei Fahrgäste und ein Liftmitarbeiter verschüttet.

1994

Unbelehrbar
Als Unbelehrbar ist ein älteres Ehepaar im März zu bezeichnen, die trotz Warnung ihrer Gastgeber eine Tour unternahmen, die ihnen dringend abgeraten wurde. Die Konsequenz: Nächtlicher Alarm durch die Grenzpolizei, da die Herrschaften beim Gastgeber am Abend noch nicht zurück waren. Mehre Suchtrupps der Bergwacht durchkämmen die fraglichen Gebiete. Erst in den frühen Morgenstunden können mittels Hubschrauber Fußspuren im Schnee entdeckt werden, die zu den mit nur noch 30 bzw. 32 Grad Celsius gemessenen Körperkerntemperatur Unbelehrbaren führten. Buchstäblich in letzter Minute können sie aus ihrem „eisigen Gefängnis“ in der Nähe des Gasthofes Rohrmoos gerettet werden.

Im Juli sind drei tödlich verunglückte Bergsteiger zu bergen
Am Krumbacher Höhenweg, am Hindelanger Klettersteig und an der Höfats muss die Oberstdorfer Bergwacht drei tödlich verunglückte Bergsteiger bergen.

Frau „Holle“ erhält Verdienstmedaille des Marktes Oberstdorf
Christa Knochenhauer, bekannt als Frau Holle, erhält auf der Fiederpasshütte die Verdienstmedaille des Marktes. Lange Jahre war das von ihr organisierte und betreute Funknetz die einzige dauernde Verbindung zu den Oberstdorfer Berghütten und zur Bergwacht Oberstdorf.

Totenreicher Bergsommer
11 Tote muss die Bergwacht in diesem Sommer aus den Oberstdorfer Bergen zu Tal bringen.

Wechsel in der Geschäftsführung des Abschnitts Allgäu
Nach 28 Jahren tritt der Geschäftsführer des Abschnitts Allgäu, Walter Pötzl, in den Ruhestand, Nachfolger wird Peter Haberstock.

1995

Gleich drei Schwerverletzte, die bei Nebel im Bereich der Schlappoldalpe 150 m tief abgestürzt sind, mussten im Juni von der Bergwacht unter ungünstigen Bedingungen geborgen werden. Hubschrauber Christoph 17 kann wegen Nebels den Unfallort nicht finden. Auch der SAR-Hubschrauber kann nur in Nähe der Schlappoldalpe landen. Von hier aus können die Schwerstverletzten in die Krankenhäuser geflogen werden.

Einsatzreicher Sommer
Bei insgesamt 92 Einsätzen muss die Bergwacht im Sommer 9 Tote, 40 Verletzte und 15 Kranke bergen.

Lawineneinsatzübung
1996

Arbeitsreiche Wintersaison
490 Skifahrer musste die Bergwacht Oberstdorf im vergangenen Winter bergen. Dies bedeutet eine Steigerung von 85 Prozent.

Anderl Heckmair 90 Jahre alt
Zum 90. Geburtstag wird der Erstbesteiger der Eiger Nordwand, Anderl Heckmair, zum Ehrenbürger ernannt. Anderl Heckmair war auch Mitglied der Bergwacht Oberstdorf.

Schlechtes Bergwetter und viele Bergunfälle
Trotz des schlechten Bergwetters muss die Bergwacht im Laufe des Sommers fünf Tote bergen. Zu insgesamt 74 Einsätzen rücken die Bergretter aus.

Statistik der Verletzungen Sommer 1996:
Kopf                                                               5
Rumpf                                                            1
Brustraum                                                      1
Wirbelsäule                                                    1
Hand und Armverletzungen                           8
Becken                                                           2
Fuß                                                               26
Knie                                                               3
Oberschenkel                                                1
Herz/Kreislauf                                               12
Unterkühlung                                                 1
Sonstige                                                        6
Vermissten suche od. Nachforschung            2
Tod                                                                5
Gesamt                                                        74
Andreas Tauser
-Einsatzleiter Sommer –

Die herausragenden Einsätze:

Schon zu Beginn des Sommers wurden wir zu einem Einsatz am Herzrücken im Birgsautal gerufen. „Abgestürzte Person“ hallte es am Meldeempfänger in unseren Ohren. Nach kurzer Suchzeit im Waldgebiet wurde der junge Mann tot am Fuße der Felswand aufgefunden. Zwei seiner Kameraden waren aber  noch oberhalb im Steilgelände und nur mit Seilsicherung gelang es den Rettern die beiden ins Tal zu bringen.  

Ein Gleitschirmabsturz in der Nebelhorn- Nordwand hielt uns zu Anfang des Einsatzes in Atem, bis der Einsatzleiter  mit dem Chr. 17 am  Gipfel abgesetzt wurde und Rufkontakt mit dem gestürzten aufnehmen konnte, glücklicherweise handelte es sich nur um eine Knöchelverletzung, aber das Gelände war so schwierig und steil, daß eine Bergung notwendig war. Routine bestimmen die nächsten Minuten, der Einsatzleiter wurde abgeseilt und sicherte den Verletzten. Anschließend konnte die SAR Maschine, mit einer bemerkenswerten Präzision den Patienten mit der Seilwinde an Bord nehmen.

Am Heilbronner Weg auf ca. 2600m hatte ein Mann einen Schlaganfall, 15 min nach Auslösung der Meldeempfänger  setzte Chr. 17 den Arzt und Einsatzleiter 300 Meter unterhalb des Unfallortes ab. Über Klettergelände gelangte der Retter zum Verunfallten und konnte ihm ein Medikament verabreichen. Für die nachfolgende Mannschaft begann ein Wettlauf mit der Zeit, da der Nebel immer dichter wurde. Nur zwei Bergwachtler konnten noch ins Wieselekar fliegen, die restlichen 5 mußten mit der Materialbahn zur Rappenseehütte fahren und dann zu Fuß  über 500 Höhenmeter zum Unfallort Aufsteigen. Nachdem alle Ausrüstung da war, konnten  zwei Standplätze mit der Bohrmaschine eingerichtet werden, und der Patient in der Gebirgstrage gelagert werden. Der Einsatzleiter wurde nun mit dem Verletzten 300 Höhenmeter über steiles und auf 50 m leicht überhängendes Gelände abgeseilt. Gerade rechtzeitig meinte es das Wetter gut mit uns  und ließ eine Bergung mit der SAR Maschine zu. Jn einem solchen Moment klingt das Geräusch des Hubschraubers wie Musik in den Ohren. Die anschließende Einsatzbesprechung auf der Hütte wäre noch lange in die Nacht hineingegangen, aber  Verpflichtungen im Tal ließen uns leider vorzeitg absteigen.

69jähriger am Engratsgundsee gerettet
Im September, im tiefen Schnee am Engratsgundsee kann die Bergwacht einen 69jährigen nach einer nächtlichen Suche noch lebend retten.

1997

Aus dem Jahresbericht

Wintersaison 1996/1997
506 verunfallte Personen, meist Skifahrer und Snowboarder, eine Zahl, die nur geringfügig über dem letzten Jahr liegt, aber eine neue Höchstmarke darstellt.

Im Bereich des Tourengehens kam es zu einer sehr traurigen Bilanz mit vier Toten und 14 verletzten Bergsteigern.

► Nähe Rappenseehütte, eine Frau tot, ihr Mann schwer verletzt vier Tage und Nächte im Freien, bevor ihn eine Suchmannschaft aus dem Hubschrauber entdeckt.

►  Lawinenunglück am Torkopf (Gottesackergebiet) zwei tote Tourengeher.

►  Schwerer Bergwachteinsatz im Bereich der Fiderepaßhütte, da starker Nebel, hereinbrechende Nacht und permanente Lawinengefahr, zwei leicht verletzte.

Ferner gab es ca. 500 Erste-Hilfeleistungen, 14 nordische und alpine Veranstaltungen zu betreuen. Drei Bergwachtmänner sind Mitglieder der örtlichen Lawinenkommission.

Zwei Bergwachtmänner sind Lawinenhundeführer und überregional sind die Oberstdorfer Bergretter im Landesausschuss vertreten und sind in den Kommissionen für Luftrettung, Beschaffung von Bergungsgeräten und der Ausbildung für den Nachwuchs der Bergwachtmänner im Allgäu tätig.

Jahresvergleich:          1990/1991      205 Unfälle
                                   1991/1992       452 Unfälle
                                   1992/1993       443 Unfälle
                                   1993/1994       347 Unfälle
                                   1994/1995       268 Unfälle
                                   1995/1996       495 Unfälle
                                   1996/1997       506 Unfälle

Der Hubschrauber kam 48x zum Einsatz: 38 x Christoph 17, 2 x SAR, 8 x Sonstige

Bergsommer 1997

Aus Bergwachtsicht ein eher erfreulicher, ruhiger Sommer trotz der etwas gestiegenen Zahl von Unfällen im Vergleich zum Vorjahr. Auch von schweren und spektakulären Einsätzen wurden wir mit wenigen Ausnahmen verschont.

Gesamteinsätze:                     105
Fehleinsätze:                            24

Im Vergleich zum Vorjahr:
Sommer 1996                           74
Sommer 1997                           81

Im Detail

Zwei Mädchen mussten von der Kemptner Hütte Ende April wegen zuviel Neuschnee ausgeflogen werden.

Ein junger Kölner wollte ohne jegliche Vorstellung des Weges aufs Rubihorn, verstieg sich, stürzte ab, konnte noch umd Hilfe rufen, verstarb aber in den Händen von Arzt und Bergretter.

Ein Gleitschirmflieger verschätzte sich vom Nebelhorn kommend am langen Flachstück zur Seealpe und landete statt im Oybele in einer ca. 35 m hohen Tanne. Mittels einem Baumbergegerät wurde dann der Bruchpilot noch rechtzeitig vor einem drohenden Absturz in kurzer Zeit aus den Ästen geholt.

Die Luftrettung im Wandel
Ein Umdenken findet zur Zeit in der Hubschrauberbergung statt. Im vergangenen Sommer konnte der Hubschrauber Christoph 17 mit einem so genannten Bergetau und Bergesack ausgerüstet werden.

Der Vorteil gegenüber der klassischen Windenbergung besteht darin, dass dieses speziell entwickelte Bergetau in verschiedenen Längen am Hubschrauber angebracht werden kann und somit mit dieser Maschine Bergsteiger aus unwegsamem Gelände direkt geborgen werden können. An einem in der Nähe gelegenen „Zwischenlandeplatz“ kann dann der im Bergesack verpackte Patient auf eine Trage in der Maschine umgelagert werden. Die jetzt trainierte und favorisierte Bergemethode bringt einen erheblichen Zeitvorteil zum Wohle des Verunfallten.

Das Einsatzkonzept hat sich geändert
Internet, die Bergwacht ist mit dabei
1998

Bergwacht Abschnitt Allgäu feiert 75jähriges Bestehen
Sein 75jähriges Bestehen feierte der Bergwachtabschnitt Allgäu vom 14.06.1998 bis 28.06.1998 mit vielen Aktivitäten. U. a. mit einem Konzert des Musikkorps des Bundesgrenzschutzes im Kurhaus in Oberstdorf. In der Oberstdorfer Oybele-Halle wird ein großes Bergwachtfest für Alle gefeiert.

Pfarrer Manfred Gohl beendet den Bergwachtdienst
Nach 27 Jahren beendet Manfred Gohl seinen aktiven Bergwachtdienst. In dieser Zeit war der „Bene“,  wie Insider ihn nennen durften, an zahlreichen Einsätzen beteiligt.

Aus dem Jahresbericht
Winterstatistik 1997/1998 der BW Oberstdorf
Berichtszeitraum 12.12.1997 – 19.04.1998

Erneut 478 Unfälle in einem Winter mit wenig Schnee, aber außergewöhnlich vielen Schönwettertagen. Das lang anhaltende schöne Wetter und die Tatsache, dass es kaum wetter bedingte Ausfälle an den Bergbahnen und Liften gab, ermöglichte einen gleichmäßig anhaltenden regen Betrieb.

► Die Bergung von 478 verletzten Skifahrern, Snowboardern
► Eine riesige Anzahl von nicht genau gezählten Erste-Hilfeleistungen               (ca.500).
► Drei Bergwachtmänner sind Mitglieder der Lawinenkommission Oberstdorf und standen
     der Gemeine beratend zur Seite
► Zwei Bergwachtmänner sind Lawinenhundeführer und besuchten dieselbigen Lehrgänge
► Überregional ist die Bergwacht Oberstdorf im Landesausschuss, in der Kommission für Luftrettung und in der Kommission zur Beschaffung von Bergrettungsgeräten vertreten sowie in der Ausbildung für den Nachwuchs der Bergwachtmänner im Allgäu.

Jahresvergleich:          1991/1992      452 Unfälle
                                   1992/1993       443 Unfälle
                                   1993/1994       347 Unfälle
                                   1994/1995       268 Unfälle
                                   1995/1996       495 Unfälle
                                   1996/1997       506 Unfälle
                                   1997/1998       478 Unfälle

Die Stiftung „Sicherheit im Skisport“ bietet durch die Finanzierung der Skiwacht Gewähr dafür, dass auch wochentags zwölf Bergwachtmänner in den Oberstdorfer Skigebieten für den professionellen Pistenrettungsdienst bereitstehen.
Luggi Lacher, Einsatzleiter Winter                                                                                                                            Ei                                                                                                                                                         

Sommer 1998

Ein Bergrettungsdienst kann nur mit viel Zeitaufwand und einem hohen Ausbildungsniveau erfüllt werden. Deshalb waren wir froh, daß sich unser Bergwachtkamerad Flori Veit seit Beginn des Berg-sommers 98 für diese verantwortungvolle Aufgabe zur Verfügung stellte. Der Nachwuchs wurde zahlenmäßig geringer was uns aber nicht beunruhigt, da erst insgesamt 6 junge Bergwachtmänner im Jahr zuvor mit der Ausbildung fertig wurden. Und in diesem Jahr gelang es zwei jungen Anwärtern in der kurzen Zeit von einem Jahr mit der umfangreichen Ausbildung abzuschließen. Somit waren die Voraussetzungen für den Sommerdienst 1998 gegeben, denn wie es sich schon bald heraus stellen sollte benötigten wir jeden Bergrettungsmann für die zahlreichen Einsätze, im Vergleich zu den geringen Einsatzzahlen der Vorjahre.

Auffällig waren einige Einsätze mit Erschöfpungszuständen die es den Betroffenen nicht einmal mehr erlaubten, die oft nahe gelegene Hütte zu erreichen. In allen Fällen half hier nur noch der Transport mit dem Helikopter.

Insgesamt war es ein arbeitsreicher Sommer mit einigen schwierigen Einsätzen, wobei der Schweregrad der Verletzung  erfreulicherweise gering war. Zu bedauern waren allerdings in sechs Fällen die Unglücke mit tödlichem Ausgang.

Gesamteinsätze:                    95
            Bergunfälle:                64
            Totenbergungen:         6
            Vermisstensuchen:       3
            Krankentransporte:      9
            Nachforschungen:         1
            Fehlalarme:                 13

Im Vergleich zum Vorjahr:   

Sommer 1996                          74
Sommer 1997                          81
Sommer 1998                          95

Im Detail

Einsatz oberhalb Finkenberg
Die Alarmierung “Bergwanderer mit Kreislauf- Problemen“ kam über Funkmeldeempfänger bei uns an. Nachdem Chr. 17 eine längere Anflugzeit hatte, fuhr von uns ein Fahrzeug in Richtung Einsatzort. Beim Patient angekommen, fand unser Einsatzleiter einen Mann ohne Herz- und Kreislauf-Tätigkeit vor. Trotz der sofort eingeleiteten Wiederbelebungsversuche konnte der anschließend eintreffende Arzt nur noch den Tod des Patienten feststellen.

Unglück in seinen geliebten Bergen
Der Freund eines Bergwachtkollegen, der bereits seit Jahrzehnten an der Gufel auf der Höfats mit großer Leidenschaft seinen Dienst machte, stürzte in den frühen Morgenstunden unweit der Biwakschachtel ab und erlag sofort seinen Verletzungen, wie der nach 15 Minuten eintreffende Arzt des Rettungshubschraubers Chr. 17 feststellte. Unser Einsatzleiter konnte nur mehr unserem Bergwachtkamerad Ernst, der mit seinem Verunglückten Freund über zwanzig Jahre im Ruhrgebiet unter Tage zusammen gearbeitet hatte, Trost spenden.
Aufgrund des schlechten Wetters konnte der Abgestürzte erst am darauf folgenden Tag geborgen werden.

Bergführer und Orientierung
Im Gipfelbuch der Trettachspitze beschwerte sich der Schweizer Bergführer noch über die angeblich schlechte Absicherung am Berg und keine zwei Stunden später verpaßte er beim Abstieg bei dem aufgezogenen schlechten Wetter die Abzweigung zum Einödsberg. Erst nach langem Suchen gelang es ihm, mit seinen beiden Gästen, in wilder Abseilfahrt nachts um 24.00 Uhr die Birgsau, weit entfernt vom normalen Abstieg, zu erreichen.

Erschöpfter Bergwanderer, Vermisste an der Trettachspitze
Zu Beginn des Abends gelang  bei Dämmerung die Bergung eines total erschöpften Bergsteigers unterhalb der Rappenseehütte, zur gleichen Zeit wurden an der Trettach drei Bergsteiger vermisst, zu diesem Zeitpunkt wussten wir aber noch nicht dass ein Bergführer dabei war. Da noch der Rettungshubschrauber Chr. 17 vom Einsatz an der Rappenseehütte vor Ort war, konnte uns die Besatzung durch einen Suchflug um die Trettach helfen ob Lichtzeichen zu sehen sind, die Vermissten waren aber gerade dabei abzuseilen und wunderten sich nur über den offensichtlich suchenden Hubschrauber. Ihr Handy wollten sie aber leider nicht gebrauchen, um uns dadurch eine aufwendige Suchaktion zu ersparen.

Rettungsaktion mit Halbpension auf der Hütte
Ein junges Paar stieg von der Birgsau in Richtung der so genannten Saubuckelscharte auf, als die junge Frau kurz vor erreichen der Scharte total erschöpft zusammenbrach. Ein Nachtdienst ohne Schlaf, wenig Essen und Trinken hinter-lassen Ihre Spuren nicht nur in den Falten um die Augen , sondern auch im allgemeinen Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt des Körpers. Der Föhnsturm und die hereinbrechende Nacht erleichterten diese Situation auch nicht. Mit dem Handy konnte der Freund die Bergrettung rufen, es stellte sich jedoch bald heraus, dass bei diesen Wetterverhältnissen ein direkter Anflug zur Patientin nicht möglich ist. Zwei Mannschaften unterhalb zu beiden Seiten des Unfallortes konnten noch abgesetzt werden. Tatkräftig durch Bergwachtmänner die auf der Fiederepass Hütte Ihren Dienst machten, der Hütten-wirt, Walser Bergführer, sowie der Einsatzleiter konnten die Patientin rasch erreichen und mit der Gebirgstrage (Knochenarbeit nicht nur bei  Nacht ) zur Hütte bringen. Ein weiterer Transport ins Tal war aufgrund des noch anhaltend schlechten Wetters nicht möglich, so wurde die junge Frau in der Hütte versorgt und konnte sogar etwas schlafen. Da die Hütte sehr voll besetzt war, nahmen die beiden Einsatzleiter auf der Eckbank ihr nächtliches Ruhelager ein. Am Morgen darauf war das Wetter wesentlich besser so dass der angeforderte Helikopter Chr. 17 die Patientin ins Krankenhaus fliegen konnte und die Bergrettungsmänner zum verdienten Frühstück nach Hause kamen.

Absturz am Hindelanger Klettersteig
Am Wengenkopft, unweit des Nebelhorn Gipfels stürzte eine Frau rücklings in eine 5m tiefe Felsspalte. Unserem Einsatzleiter wurde nur eine „abgestürzte Person, leichtverletzt“ am Wengenkopf gemeldet. Nach dem Eintreffen des Bergretters bot sich ihm aber ein ganz anderes Bild. Die Frau war wesentlich schwerer verletzt wie angenommen. So musste zunächst der Arzt am Fixtau zur Unfallstelle geflogen werden, was bei den herrschenden Windverhältnissen ein fliegerisches Kunststück darstellte. Auch die Versorgung in dem schmalen Felsspalt forderte von den beiden Rettern einiges ab. Nur durch die Verlängerung des Bergeseiles auf 90 m unter dem Rettungshubschrauber Chr. 17 brachte den Erfolg der Bergung. Arzt und Patient schwebten weit unterhalb der Maschine zum Landeplatz nach Oberstdorf,  wo der schwache Wind eine sanfte Landung zuließ.

Mountainbike und Bergsteigen
vertragen sich nur so lange wie das Gelände nicht zu steil und ausgesetzt ist.  Auf einer Tour über den Schrofenpass ins Lechtal stürzte ein 50 jähriger Mann im Bereich des  Felsenbandes unterhalb des Passes tödlich ab. Vermutlich das bergseitig getragene Bike drängte den Verunglückten vom Weg ab wo es über ca. 50 m im steilen Fels für den Mann keinen Halt mehr gab.

So gäbe es noch viel über die Einsätze im vergangenen Bergsommer zu berichten. Wir wollen es aber bei den wenigen Beispielen belassen.
Andreas Tauser, Einsatzleiter Sommer

75 Jahre Bergwacht, die Chronik
1999

Aus dem Jahresbericht

 

Wintersaison 1998/1999

558 Unfälle eine neue Höchstmarke für die Bergwacht Oberstdorf. Bereits am 07.11.99 eröffneten die ersten Skigebiete die Skisaison 98/99 und anschließend war der Winter von extremen Situationen geprägt. Reger Betrieb bei sehr harten Pisten und über mehrere Wochen andauernde große Lawinengefahr, forderte die Bergwacht in außergewöhnlichem Maße.  

Die lange Skisaison (ca. 5- 6 Monate bei überwiegend guter Schneelage in allen Höhenlagen ist sicherlich der Grund für die erhöhten Unfallzahlen in diesem Winter.

Drei Männer der Bergwacht, die der Lawinenkommision Oberstdorf angehören, blicken auf einen arbeitsreichen Winter zurück. Über mehrere Wochen standen sie der Gemeinde ununterbrochen, oft mehrmals täglich beratend zur Seite, um 60 Einzelhänge zu beurteilen. Erheblichen Zeitaufwand forderten auch die ca. 80 Schneefeldsprengungen vom Hubschrauber aus, die zur Sicherung der Oberstdorfer Täler erforderlich waren. Jeder der hier in der Verantwortung stand ist jetzt mehr als froh, dass der vergangene Winter mit seinen extremen Schneefällen in unserem Dienstgebiet ohne Schaden an Menschenleben überstanden ist. Erheblichen Schaden gab es trotzdem durch zahlreiche Lawinenabgänge  an Wald und Flur sowie an einigen Alphütten und Materialseilbahnen.

Eine besonders hohe Belastung wie in jedem Jahr waren die zahlreichen Großveranstaltungen z.b. Intersport Springertournee, Snowboard Weltcup, Internationale Polizeimeisterschaften usw.

für diese und viele andere Veranstaltungen waren die Berg-Skiwachtmänner  45 Mann-Tage im Dienst.

Ähnlich positiv wie in jedem Jahr ist die Tatsache, dass auf den 135 Km Langlaufloipen um Oberstdorf  nur drei Verletzte Langläufer geborgen werden mussten.

Das Arbeitsaufkommen der Bergwacht Oberstdorf

Þ Die Bergung von 558 verletzten Skifahrern, Snowboardern.

ÞEine riesigen Anzahl von nicht genau gezählten Erste Hilfeleistungen (ca. 600)

ÞDrei Bergwachtmänner sind Mitglieder der Lawinenkommission Oberstdorf und standen der Gemeinde beratend zur Seite

ÞZwei Bergwachtmänner sind Lawinenhundeführer und besuchten die selbigen Lehrgänge

ÞÜberregional ist die Bergwacht Oberstdorf im Landesausschuß, in der Kommission für Luftrettung und in der Kommission zur Beschaffung von Bergrettungsgeräten vertreten, sowie in der Ausbildung für den Nachwuchs der Bergwachtmänner im Allgäu.

Jahresvergleich:          1992/93              443
                                      1993/94            347
                                      1994/95            268
                                      1995/96            495
                                      1996/97            506
                                      1997/98            478
                                      1998/99            558

Für all diese Arbeiten standen uns 31 ehrenamtliche und 12 hauptamtliche Bergwachtmänner  (Skiwacht) zur Verfügung.
Bei 47 Einsätzen wurde ein Rettungshubschrauber angefordert
Luggi Lacher, Einsatzleiter Winter

 

Bergsommer 1999

Müde vom langen und arbeitsreichen Winter bescherte uns das Wetter  zu Beginn des Sommers ein ruhiges Einsatzgeschehen. In den Hochlagen lag noch lange der Schnee; vor allem in Rinnen und Tobeln wollte er einfach nicht schmelzen. So kam es, daß wir bei einigen Einsätzen im Bereich der Kemptner Hütte mit dem Hubschrauber an Stellen landen konnten, wo es  in anderen Jahren überhaupt nicht möglich war. Die Befürchtungen, aufgrund der vielen Altschneefelder mehr Einsätze verzeichnen zu müssen, bestätigten sich zum Glück nicht. Im Verlauf des Sommers gestaltete sich das Wetter wechselhaft, was die Einsatzzahlen jedoch nicht reduzieren konnte im Vergleich zum letzten Jahr.

Schon im vergangenen Sommer  kam es häufig zu Einsätzen mit erschöpften Personen, die sich Ihr Ziel zu hoch gesteckt oder viel zu spät am Nachmittag noch in Angriff genommen hatten. In vielen Fällen ging dies gerade noch mal gut, weil das Licht der Hütte den Weg wies oder die Hüttenwirte nach dem Rechten sahen. Einen guten Ausgang fanden zum Glück auch alle unsere Einsätze, obwohl die Situationen oft dramatisch waren, wie in unseren Einsatzbeispielen noch genauer nachgelesen werden kann.  

Gesamteinsätze:                   98
         Bergunfälle:                  63
         Totenbergungen:           4
         Vermisstensuchen:         4
         Krankentransporte:      16
         Nachforschungen:          5
         Fehlalarme:                    6

Im Vergleich zum Vorjahr:
Sommer 1996                       74
Sommer 1997                       81
Sommer 1998                       95
Sommer 1999                       98

Im Detail

Herztod auf der Hütte
Wie all die Jahre zuvor, brach der 55 Jährige auf, um in seiner Freizeit auf der Kemptner Hütte auszuhelfen. Oben angekommen, begrüßte Ihn der Hüttenwirt herzlich mit einem Enzian. Kurz darauf stürzte er bewußtlos zu Boden. Da dicker Nebel die Hütte einhüllte konnte der Rettungshubschrauber Chr. 17 das Einsatzpersonal nur bis ca. 20min Fußmarsch unterhalb absetzen. Trotz Erster Hilfe durch das Hüttenpersonal konnten der eintreffende Einsatzleiter der Bergwacht und der Notarzt nur noch den Tod feststellen. Wegen der schlechten Sicht sowie starkem Regen mußte der Tote mit der Materialbahn ins Tal transportiert werden.

Unglück in seinen geliebten Bergen
Vergangenes Jahr kam sein Freund unter tragischen Umständen an der Höfats ums Leben. In diesem Sommer sollte es wohl so sein, daß auch Ernst W., der bereits seit Jahrzehnten an der Gufel auf der Höfats mit großer Leidenschaft seinen Naturschutzdienst und Edelweisposten tat, als er beim Abstieg an einer ausgesetzten Stelle stürzte. Die Folgen überlebte er nicht, wie der am Rettungshubschrauber Chr. 17 mit 90m Tau eingeflogene Bergretter und Arzt feststellen mußten.  Die Bergung gestaltete sich aufgrund des steilen und unzugänglichen Geländes sehr schwierig. Unsere Bergretter mußten erst eine lange Strecke abseilen und es waren zusätzlich  einige Anflüge mit dem Polizeihubschrauber nötig, um unseren Ernst ins Tal zu bringen.

Sonnenfinsternis
Alles drehte sich um die bevorstehende Sonnenfinsternis; bei uns aber ging der Melder los: Einsatz am Heilbronner Weg. Die Besatzung des Chr. 17 nahm den Einsatzleiter auf, um die Unfallstelle zu suchen.

Nebel verhinderte beim ersten Anflug das Absetzen, erst beim nächsten gelang es, den Bergretter in der Nähe abzusetzen. Der Patient hatte Glück gehabt, denn bei seinem Sturz bremste eine Randkluft im Schnee nach wenigen Metern einen wesentlich tieferen Fall. Nun drängte der Pilot zum raschen Handeln, da eine Wetterfront erwartet wurde und Gefahr bestand, daß diese durch  sinkende Temperaturen aufgrund der Sonnenfinsternis noch verstärkt werden könnte. Gerade noch rechtzeitig klinkte sich der Bergretter mit dem Patienten ins  Seil. Nach einer Zwischenlandung und weiterer Versorgung des Leichtverletzten konnten wir dann vom Krankenhaus aus an der hereinbrechenden Dämmerung im strömenden Regen die Sonnenfinsternis erahnen. Der Pilot musste schmunzeln, als er darauf  aufmerksam gemacht wurde, dass das Einholen der Nachtflug-Genehmigung nun doch nicht nötig geworden war!

Bange Minuten vor Einbruch der Nacht
Eine Gruppe von 10 Personen hatte sich die sehr lange Etappe  vom Edmund Probst Haus zur Kemptner Hütte vorgenommen. Der Aufbruch der Bergsteiger war schon sehr spät am Vormittag. So kam es, daß eine junge Frau ca. 1 Std. vor Erreichen der Hütte, bereits abgehängt von den anderen, eine Abkürzung versuchte. Die Westhänge des Fürschießers, die im oberen Teil nur mäßig steil sind, hatten sie dazu verleitet. Doch je tiefer man nach unten gelangt, desto schwieriger und steiler wird das Gelände. Dann passierte das fast Unvermeidliche: Die junge Frau rutschte ab und nur durch unerklärlich glückliche Umstände konnte Sie sich in dem mit Fels und Gras durchsetzten Steilgelände halten und um Hilfe rufen. Der Rettungshubschrauber

Chr. 17 traf nur wenige Minuten nach der Alarmierung am Unfallort ein. Einsatzleiter und Pilot entschieden sich für eine Bergung mit dem Fixtau. Die Zeit drängt, da nur noch für wenige Minuten genügend Licht zur Verfügung stand, um die Bergung durchzuführen. Das Gelände erforderte volle Konzen-tration von Pilot, Bergretter und  Patientin. Von der Terrasse aus beobachten fast 400 Personen die Bergung und konnten ebenfalls erleichtert aufatmen, als der Einsatzleiter und die junge Frau am Seil schwebend an der Hütte eintrafen.

Gleitschirmabsturz -
medizinisches Personal im alpinen Gelände gefordert
Zunächst wurde mitgeteilt, Hilferufe im Bereich des Seealpsees seien zu hören. Dann ging die Meldung ein, dass sich eine Person an der Unglücksstelle bewegen würde und sich eine weitere Person von der Unfallstelle entfernen würde. Über das Geschehen konnte letztendlich jedoch kein klares Meldebild gewonnen werden.

Dann erreichte uns eine weitere Meldung über einen anderen Unfall, allerdings mit definitiven Angaben über Verletzungsmuster und Einsatzort: Ein Wanderer hatte sich eine Fußverletzung in der Nähe des Waltenberger Hauses zugezogen und konnte nicht mehr weitergehen.

Der Hubschrauber Chr. 17 ging am Bergwachtplatz Lido zur Landung um den Einsatzleiter aufzunehmen; Einsatzleitung und  Besatzung entschlossen sich, Arzt und Bergwachtmann im Bereich des Seealpsees abzusetzen, um den verletzten  Gleitschirmflieger zu versorgen. Währenddessen sollte der Hubschrauber den am Fuß verletzten Wanderer abholen.

Was die Rettungsmannschaft jedoch am Seealpsee vorfand, konnte nicht gerade als geringfügige Verletzung einstuft werden: Eine Gleitschirmfliegerin war aus großer Höhe abgestürzt. Beim Aufprall im steilen alpinen Schrofengelände hatte sie sich zahlreich Brüche zugezogen. Der Bergwacht Einsatzleiter und Notarzt erkannten sofort das Polytrauma und zogen im alpinen Gelände alle Register von der Volumentherapie bis zur Intubationsnarkose. Weil nun aber Chr. 17 zum Tanken fliegen mußte, wurde ein in Oberstaufen befindlicher schweizer Hubschrauber  sofort abgezogen um unsere Patientin ins Krankenhaus zu fliegen, wo die Ärzte die Behandlung erfolgreich fortführten und die Frau somit gerettet werden konnte.
Andreas Tauser, Einsatzleiter Sommer

2000

Aus dem Jahresbericht

Wintersaison 1999/2000

Die Millenniums Wintersaison 1999/2000 schreibt Unfallzahlen in Rekordhöhe
605 verunfallte Personen, meist Skifahrer und Snowboarder, eine Zahl die sich aus der langen Skisaison und aus der gestiegenen Attraktivität des Skisports in den letzten Jahren ergibt. Die Modernisierung der Skigebiete im Oberstdorfer Bereich brachten zusätzlich Wintergäste  in unsere Region. Statistiken haben ergeben, dass die Unfallzahlen ausschließlich mit der Anzahl der Gäste zusammenhängen und nicht wie lange vermutet mit Schneeart oder Wetter. Im Klartext viele Wintersportler viele Unfälle.

Erfreulich in diesem Jahr ist die Tatsache, dass im Bereich der Tourengeher, Wanderer und Langläufer  die Bergwacht Oberstdorf nur zu 22 Unfällen gerufen wurde.   

Das Arbeitsaufkommen der Bergwacht Oberstdor
Die Bergung von 605 verletzten Skifahrern, Snowboardern und Langläufer.
Eine riesige Anzahl von nicht genau gezählten Erste Hilfeleistungen (ca. 700).
Drei Bergwachtmänner sind Mitglieder der Lawinenkommision Oberstdorf und standen der Gemeinde beratend zur Seite.
Zwei Bergwachtmänner sind Lawinenhundeführer und besuchten die selbigen Lehrgänge.
Überregional ist die Bergwacht Oberstdorf im Landesausschuß, in der Kommission für Luftrettung und in der Kommission zur Beschaffung von Bergrettungsgeräten vertreten, sowie in der Ausbildung für den Nachwuchs der Bergwachtmänner im Allgäu.

Jahresvergleich:          1993/94                      347
                                    1994/95                      268
                                    1995/96                      495
                                    1996/97                      506
                                    1997/98                      478
                                    1998/99                      558
                                    1999/2000                  605

Für all diese Arbeiten standen uns 26 ehrenamtliche und 13 hauptamtliche Bergwachtmänner  (Skiwacht) zur Verfügung.
Bei 31 Einsätzen wurde ein Rettungshubschrauber angefordert.
Der Hubschrauber kam 31x zum Einsatz: 27 x Christoph 17, 4 x sonstige
Luggi Lacher, Einsatzleiter Winter

Bergsommer 2000

Die Hoffnung in diesem Sommer weniger Patienten aus den Bergen rund um Oberstdorf  retten  zu müssen ging nicht in Erfüllung. Zudem waren es einige tragische und große Ereignisse, die uns in Atem hielten.

Wir fragen uns: Fehlt es an Informationen oder wird eine schlechte Ausbildung für das Bergsteigen betrieben? Klare Antwort: Nein, im Gegenteil! Bergführer, Ortskundige, alpine Beratungsstellen und zu guter letzt die Medien bemühen sich um gute Tipps und Beratung. Warum werden dann immer wieder die gleichen Fehler gemacht? Eine mögliche Antwort ist, daß viele ohne die geringsten Kenntnisse über Orientierung im Gelände und Wetter, über das Begehen von Bergwegen und über nötige alpine Ausrüstung in die zweifelsfrei schöne Bergwelt aufbrechen. Oftmals sind es aber auch unglückliche und unverschuldete Situationen, die zu einem Bergunfall führen.

Ungeachtet dieser Umstände führen wir mit Freude und großem Interesse all diese Einsätze durch.

Oft dramatisch waren die Situationen in die wir uns bei den Bergungen begeben  mußten. So stellen wir immer wieder fest wie verantwortungsvoll unsere Aufgabe in den Bergen ist. Glücklicherweise sind unsere Bergretter von allen Einsätzen wieder gut nach Hause gekommen, wie in unseren Einsatzbeispielen noch genauer nachgelesen werden kann.  

Gesamteinsätze:                   102
            Bergunfälle:                66
            Bergnot:                       3
            Totenbergungen:          5
            Vermisstensuchen:       3
            Krankentransporte:       7
            Nachforschungen:        2
            Fehlalarme:                 12

Im Vergleich zum Vorjahr:
Sommer 1997                         81
Sommer 1998                         95
Sommer 1999                         98
Sommer 2000                       102

Im Detail

Gleitschirmabsturz
Schönes Wetter lockte zahlreiche Gleitschirmflieger ans Nebelhorn. In steiles Gelände stürzte ein 56-jähriger Pilot als er bei unberechenbaren Windverhältnissen in  eine Luftturbulenz kam und der Gleitschirm stark einklappte.

Bergwanderer, die in der Nähe waren und den Absturz beobachteten, alarmierten die Rettungsleitstelle. Der Rettungshubschrauber „Christoph 17“ flog mit dem Bergwacht-Einsatzleiter und dem Notarzt zur Unfallstelle. Der GS - Pilot hatte tödliche Verletzungen erlitten. In Zusammenarbeit der Bergwacht Oberstdorf und Polizeihubschrauber „Edelweiss“ wurde der Verunglückte mit der Winde geborgen.

Steinschlag
Steinschlag war die Ursache, daß eine 32 jährige Wanderin aus Neuötting nach der medizinischen Versorgung in eine Spezialklinik geflogen werden musste. Sie hatte sich eine schwere Verletzung am Fuß zugezogen.
„Es war kein Stein, es war ein Felsbrocken, der den Steilhang herabschoß und meine Frau erfasste“ beschrieb der Ehemann die Situation. Das Ehepaar befand sich gerade auf dem steilen Wanderweg im Großen Gund unterhalb des Nebelhorngipfels, als sich der Felsbrocken löste, die Frau erfasste und Ihr die schwere Verletzungen  am Fuß zufügte. Der Rettungshubschrauber Christoph 17 flog Arzt und Bergwachtmann zum Einsatzort. Mit dem Bergetau musste die Patientin aus dem steilen Gelände geborgen werden.

Unfall an der Nebelhornbahn
Äußerst unglückliche technische Umstände führten am 06. Juli zu einem Unfall auf der Strecke zwischen Seealpe und Bergstation. Die Gondeln prallten mit geringer Geschwindigkeit in die  Betonkante der Einfahrt. Durch diesen Aufprall wurden an der Station Seealpe 23 Personen verletzt, davon 6 schwer, und an der Bergstation zog sich ein Junge Prellungen und Schürfwunden zu.

Bereitschaftsleiter und Einsatzleiter waren bei Alarmauslösung zufällig im Depot und konnten unverzüglich die wichtigen Maßnahmen treffen. Der Einsatzleiter fuhr sofort zur Seealpe, während vom Funkraum aus 5 Bergwachtärzte aus Oberstdorf und 2.

Notärzte alarmiert wurden. Des weiteren wurden 6 Rettungsfahrzeuge und 5 Rettungshubschrauber eingesetzt. Über die kleine Straße zur Seealpe konnten die Rettungskräfte in kurzer Zeit am Einsatzort sein und die Patienten versorgen. Mit einem Rettungshubschrauber des Bundesgrenzschutzes aus Oberschleißheim gelangten wenig später ein Arzt und der Einsatzleiter zur Bergstation um den einzigen Verletzten zu bergen. Außergewöhnlich war die Situation an der Bergstation, wo 500 Gäste evakuiert werden mussten. Ein Teil konnte zu Fuß zur Seealpe abstiegen und dort von der Freiwilligen Feuerwehr in einem Pendeldienst nach Oberstdorf gefahren werden. Die verbliebenen ca. 170 Personen mussten mit Helikopter des BGS  nach Oberstdorf geflogen werden.

Nur durch die richtige und schnelle Reaktion der Bahnangestellten wurden nach Aussagen der Fachbehörden noch schwerere Unfallfolgen verhindert.

Hochwasser
Am ersten Sonntag im August führten außergewöhnliche Regenfälle zu stark anschwellenden Gebirgsbächen. Trotz Warnung der Hüttenwirte stiegen die meisten Bergwanderer am späten Vormittag in Richtung Tal ab. Eine Gruppe von Bergsteigern die von der Rappensee Hütte kommend  nach Einödsbach absteigen wollten, konnten kurz vor Erreichen der Peters Alpe nicht mehr ohne Risiko den  reißenden Bach überqueren.   So entschloss sich die mittlerweile 22-köpfige Gruppe die Bergwacht per Handy um Hilfe zu rufen. Die beiden Einsatzleiter konnten mit dem Einsatzfahrzeug bis zur Peters Alpe fahren und mussten nur wenige Minuten laufen bis Sie die hilflosen Alpinisten am anderen Ufer stehend, erreichten. Mit einem Seil gesichert konnte die Gruppe in kurzer Zeit über die gefährliche Stelle gebracht werden. Diese Bergsteiger hatten die Situation richtig eingeschätzt und sich noch rechtzeitig helfen lassen. Entsprechend locker und fröhlich war die Stimmung der Geretteten. Unglücklich hingegen verlief nur ein Tal weiter die Überquerung eines Wildbachs. Nur wenige Minuten nach der Bergung der ersten Gruppe kam ein Hilferuf aus dem Bacherloch, wo  ebenfalls einige Bergsteiger an einem sonst harmlosen Bach nicht mehr weiter kamen. Die vom Waltenberger Haus abgestiegene Gruppe versuchte trotz des reißenden Wassers auf die andere Seite zu kommen. Einige hatten das andere Ufer schon erreicht, als plötzlich ein Mann von den  Wassermassen mitgerissen wurde. Ein aus Schwaben stammender 60 jähriger, der die Überquerung  schon glücklich hinter sich hatte, kam im zu Hilfe. Nachdem der Mitgerissene am Ufer wieder festen Halt fand und sich in Sicherheit brachte, gelang es dem mutigen Helfer nicht mehr, das rettende Ufer zu erreichen. Obwohl der Bach an dieser Stelle flach war, wurde der 60 jährige einige hundert Meter abgetrieben, wo man Ihn erst einen Tag später tot auffand.  Die verbliebenen Alpinisten wurden danach ebenfalls mit Seilsicherung und Rettungshubschrauber geborgen. Einer der Einsatzleiter wäre ebenfalls vom Wasser mitgerissen worden, wenn er ohne Seilsicherung die Überquerung gewagt hätte.  

Verstiegen
Im Bereich des Traufbachtals befindet sich eine verstiegene Person, war aus dem Lautsprecher des Meldeempfängers zu hören. Ein Rückruf zum Handy des Unglücklichen ergab nur ungenaue Angaben über dessen Standort. Schnell war Chr. 17 aus Kempten zur Stelle und suchte mit dem Einsatzleiter an Bord das angegebene Gebiet leider ohne Erfolg ab.  Da griff der erfahrene Bergretter zu einer bewährten Methode: Der Hubschrauber stellte sich über die  Talmitte während vom Depot aus Kontakt über Handy mit dem in mißlicher Lage befindlichen Mann aufgenommen wurde. Nun drehte sich der Heli langsam um seine eigene Achse, bis seine Schnauze in die Richtung des Gesuchten zeigte. So konnte der Hubschrauber in die unmittelbare Nähe des Einsatzortes gelotst werden,  konnte aber den mit Tarnkleidung (grüne Hose und graues T-Shirt) angezogenen Mann erst nach längerer Suche ausmachen.

Dann ging alles sehr schnell: Der Bergwachtmann klinkte sich im Bergetau ein und wurde in kurzer Entfernung vom Verstiegenen abgesetzt. Schwierig hingegen gestaltete sich das Angurten des Mannes in diesem Steilen Gras- und Felsgelände ohne vernünftige Sicherungsmöglickeiten. Erleichtert klang dann die Stimme des Einsatzleiters, als er über Funk meldete fertig zum Aufnehmen zu sein. Präzise und schnell flog der Heli über die beiden und drehte sofort nach dem Einklinken ins Bergetau ab ins Tal, wo der ungeschickte Bergsteiger wieder festen und geraden Boden unter die Füße bekam.
Andreas Tauser, Einsatzleiter Sommer

Zurück